Fortbildungsfahrt des Vereins nach Kroatien im Mai 2017
Vom 6.-7. Mai fand unsere Fortbildungsfahrt nach Zagreb statt. Es fuhren 12 Personen mit, sowohl Vereinsmitglieder als auch Nicht-Mitglieder. In Zagreb gesellten sich noch vier kroatische Freunde zu uns. Sie sind sowohl Reptilien- und Amphibien-Fachleute als auch im Tier- und Artenschutz aktiv. Der Hauptzweck unserer Reise war, die Teilnehmenden tiefer in die Bereiche Tierschutz, Tierhaltung und Artenschutz sowie Biotopschutz einzuführen. Ein schöner Nebeneffekt war, dass ein Teil unserer internationalen Verbindungen und Freundschaften gelebt und gefestigt werden konnten.
Steinbruch bei Zagreb
Unser erstes Ziel war ein alter, aufgelassener Steinbruch in der Nähe von Zagreb. Das Wetter war optimal. Nach mehreren kalten Tagen mit Regen war es der erste Tag mit herrlichem, sonnigem Wetter. Von den 7 hier vorkommenden Reptilienarten konnten wir 5 beobachten und auch fotografieren.
Folgende Arten kommen vor:
Anguis fragilis (Blindschleiche, eine gesehen)
Lacerta viridis (Östliche Smaragdeidechse, viele gesehen)
Podarcis muralis muralis (Mauereidechse, sehr viele gesehen)
Zamenis longissimus (Äskulapnatter, eine gesehen)
Coronella austriaca (Schlingnatter, keine gefunden)
Natrix natrix (Ringelnatter, keine gesehen)
Vipera ammodytes (Hornviper, 4 gesehen)
An der Entwicklung in diesem Lebensraum war sehr gut zu zeigen, wie sich die Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere bilden und verändern können, hier auch stark durch den Menschen beeinflusst. Durch den Steinbruch wurde ursprünglich in einem größeren Waldgebiet eine offene, besonnte Fläche geschaffen. Nach Beendigung der Nutzung konnten sich erste Pflanzen ansiedeln (Pionierpflanzen). Damit bildete sich zwischen den ausschließlich felsigen Bereichen eine Nahrungsgrundlage für Insekten, Nagetiere,…, und es entstanden Versteckmöglichkeiten für verschiedene Tiere, die sich wiederum von ihnen ernähren, wie z.B. Vögel oder Reptilien, die zuwanderten.
Dieser Lebensraum ist jetzt in der Entwicklungsphase, in der die strauch- und baumartig wachsenden unter den Pionierpflanzen (z.B. Weiden, Hartriegel und Hainbuche) so groß werden, dass die Teile des Steinbruchs, die nicht aus reinem Fels ohne Spalten bestehen, immer mehr beschattet werden. Dadurch verschwinden immer mehr geschützte Sonnenplätze, eine der Lebensnotwendigkeiten für Reptilien. Das kann im Endeffekt dazu führen, dass die hier lebenden Populationen der Reptilien großteils oder sogar ganz (bei z.B. Vipera ammodytes zu erwarten) verschwinden.
Der Bestand an Hornvipern wurde über mehrere Jahre von einem Freund eines der kroatischen Exkursionsteilnehmer im Rahmen einer Diplomarbeit untersucht. Seine Erkenntnisse können uns gute Hinweise geben, wie wir in Österreich bei durch ähnliche Entwicklungen gefährdeten Reptilienlebensräumen sinnvoll eingreifen können.
Zoo Zagreb
Den Nachmittag verbrachten wir im Zoo von Zagreb. Ivan Ciselj, einer unserer Freunde, ist der Kurator der Aquarien- und Terrarien-Abteilung. Er hat dort unter Anderem eine Ausstellung aller in Kroatien vorkommenden Schlangenarten geschaffen, in der den Besuchern in großen, vorbildlich gestalteten Terrarien „ihre“ Schlangen vorgestellt werden. Dies ist auch Teil seiner langjährigen Arbeit für den Arten- und Lebensraumschutz in Kroatien.
Die Führung durch die gesamte Ausstellung sowie „hinter den Kulissen“ dauerte den ganzen Nachmittag. Neben dem Ansehen der Tiere und ihrer Haltungsbedingungen wurde auch viel über verschiedene Aspekte des Tierschutzes und der Tierhaltung diskutiert. Highlights bei dieser Führung waren auch etliche Tierarten, die dort im Rahmen internationaler Erhaltungszuchtprogramme gezüchtet werden sowie etliche Arten, die die meisten von uns vorher noch nie gesehen hatten.
Den Abend verbrachten wir in einem bosnischen Grillrestaurant. Teilweise zwar auch noch mit Fachgesprächen, aber hauptsächlich mit hervorragendem Essen und lockeren Gesprächen unter Freunden.
Am Vormittag des zweiten Tages besuchten wir die Reptilienausstellung unseres Freundes Neven Vrbanic.
In Vorträgen sowie in dieser Ausstellung mit dem Schwerpunkt Giftschlangen bringt er den Menschen diese Tiergruppe näher. Schwerpunkte dabei sind ihre Bedeutung im Ökosystem, ihre Bedeutung für den Menschen (Reduzierung von Nahrungsschädlingen wie Nagetieren,…) und der sichere Umgang mit ihnen. Wir konnten viel von ihm erfahren über die Haltung und Handhabung dieser Tiere, aber auch darüber, wie er vorgeht, um das Wissen über Reptilien in der Bevölkerung zu steigern.
Neven ist seit vielen Jahren der „Problemlöser“ für die Behörden und Grundbesitzer in und um Zagreb, wenn es um Schlangen geht, die in Wohngebieten aufgefunden werden. Dabei handelte es sich bis jetzt ausnahmslos um dort heimische Schlangen. Die Tiere werden entweder nach einem informierenden Gespräch mit den Grundbesitzern am Fundort belassen oder, wenn es giftige Arten (Kreuzotter – Vipera berus bosniensis oder Hornvipern – Vipera ammodytes) sind, die am Fundort eine Gefahr für Menschen sein könnten, weggefangen und an einer passenden Stelle wieder freigelassen.
Die Erwartungen und Wünsche, die wir vorher in Bezug auf diese Reise hatten, wurden mehr als erfüllt. Wir haben viel gelernt, viele Eindrücke und Wissen mitgenommen. Damit können wir in Österreich jetzt noch besser als Multiplikatoren wirken und Verständnis für die Natur und speziell die oft verkannten Reptilien und Amphibien wecken.
Zum Abschluss möchte ich mich im Namen aller, die mitgefahren sind, bei unseren kroatischen Freunden, insbesondere bei Ivan Ciselj und Neven Vrbanic, bedanken für ihre Gastfreundschaft, die viele Zeit, die sie uns gewidmet haben, und dafür, dass sie uns die zwei Tage so schön gestaltet haben, wie es keiner von uns vorher erwartet hätte.
Autor: Dr. Rainer Fesser